Die Macht der Worte.
Die Macht der Worte.
Part 1
Ich erinnere mich noch wie heute an meine Schulzeit. Genauer gesagt, an meine letzten Jahre dort. Die Zeit in der Abiturphase. Dort, wo die Klassen wieder neu sortiert und aus allen Jahrgängen der umgebenden Schulen die Jahrgangsstufen zusammengestellt wurden. In dieser Zeit habe ich 3 neue Freunde kennengelernt. Dirk, Thomas und Jens. Wir haben uns gut verstanden und schnell angefreundet. Wir haben Kurse zusammen belegt und fast jeden Tag abgehangen. Es gab oft Konstellationen, wo mindestens einer von uns mit dem anderen zusammen den gleichen Kurs besuchte. Wenn nicht, dann trafen wir uns in der großen Pause immer an der gleichen Stelle auf dem Schulhof und quatschen miteinander, teilten die aktuellen Dinge vom Tag und trieben unseren Schabernack mit den Anderen aus der Klasse.
Nach der Schule verbrachten wir oft die Zeit zusammen, natürlich ohne Lernen, sondern einfach treffen und Spaß zusammen haben. Sich ausprobieren, austesten, quatschen, chillen, baden gehen, Party machen, Billard spielen, die Clubs in der Stadt auschecken, das eigene Auto tunen usw. Mit der Zeit hatten wir auch unseren Stamm-Club gefunden. Er lag in der Altstadt und wir waren mehr dort als irgendwo anders in der Stadt. Wir trafen uns dort schon fast jeden Tag in der Woche. Die Betreiber und Angestellten des Clubs kannten uns bereits. Wir waren schon per Du mit ihnen. Der Barkeeper, der uns manchmal einfach so ein Getränk ausgab und die neueste Story aus dem Club erzählte. Oder die Barfrau und Service-Kraft, welche immer einen kecken Spruch auf Lager hatte, sobald wir da waren. Selbst der Türsteher begrüßte uns schon mit Vornamen und Handschlag und hatte sofort einen kleinen Plausch parat. Manchmal kamen wir auch ohne Eintritt einfach so rein. Einfach nur, weil wir uns mit ihm gut verstanden und schon waren wir drin. Bester Platz, erste Reihe und die Getränke standen in Windeseile auf dem Tisch. Cool. Wir fühlten uns wie VIP, wie die „Gang“. Vier Jungs, die einfach dachten, dass das Leben immer so weitergeht.
Je mehr die Zeit fortschritt und das Ende der Abiturzeit sich mit den bevorstehenden Prüfungen ankündigte, desto öfter redeten wir, was wir wohl nach dieser Zeit machen würden. Das, was jeder von uns so vorhat, wovon er träumte und Lust darauf hatte. Dabei teilten wir auch die eigenen Erfahrungen, wie unsere Eltern den Druck erhöhten, um eine verbindliche Aussage zu bekommen, wie es nach dem Abitur nun weitergehen soll.
Part 2
Wir hatten alle ähnliche Situationen mit der eigenen Familie. Das, was wahrscheinlich viele Eltern in dieser Phase machen. Sie wollen, dass ihre Sprösslinge einen festen aussichtsreichen Plan bereits vor sich haben, um zuverlässig die Frage zu beantworten, die über Ihnen zu schweben scheint: „Wie geht es weiter mit dir?“ Tja. Wer hat schon diesen stichhaltigen Plan in dem Alter? Ich hatte ihn damals jedenfalls nicht. Ich wusste, ich wollte studieren, aber wo? Und das was, war dann die zweite Frage.
Meine Freunde und ich teilten unsere erlebten Erfahrungen an solchen Abenden in unserem Stamm-Club über die elterlichen Versuche, möglichst schnell, detailliert und präzise richtungsweisende Klarheit über die Zukunftspläne ihres Sprösslings zu erfahren. Jeder von uns hatte eine ähnliche Geschichte zu erzählen. Ähnlichen Ärger mit den eigenen Eltern und erheblichen Frust damit. Doch, über diesen gemeinsamen Austausch darüber, das Gefühl, dass wir im Grunde alle an derselben Stelle im Leben standen und gerade auch nicht wussten, wo es langgehen sollte. Darüber kamen wir in Kontakt mit diesem Thema und konnten uns untereinander besser damit auseinandersetzen. Denn die Frage war berechtigt: „Was will ich nach dem Abitur machen?“
Nur dieses Mal bitte eben ohne den elterlichen Druck dahinter. Einfach mal den Dingen freien Lauf lassen und mit Spaß an diese Frage rangehen. Und schon waren die ersten handfesten Burgen und Schlösser in Gedanken gebaut.
Jens wollte erst einmal eine Ausbildung als Einzelhandelskaufmann machen. Das Unternehmen von Innen her kennenlernen und seine Begabungen zu reden und zu verhandeln ausleben. Er hatte keinen Bock mehr auf Lernen und wollte seine eigene Kohle verdienen. Raus aus den elterlichen Zwängen, wie er es ausdrückte. Thomas hatte ähnliche Pläne und auch keine Lust mehr auf Schule, Lernen und so weiter. Das Geld sollte her.
Ich selbst wollte studieren, hatte zwar noch keinen richtigen Plan, was und wo. Aber grob war die Richtung klar. Das Abitur war für mich die beste Möglichkeit, danach den Weg des Lernens und Studierens weiterzugehen. Klar. Jetzt noch einmal 5 Jahre dranzuhängen, war schon echt eine Hausnummer. Doch es fühlte sich richtig an. Diese Vorbereitung der letzten Jahre sollten fruchten und sich bezahlt machen. Auch wenn ich bei meinen Freunden mit dieser Idee meines Plans aus dem Raster fiel, hielt ich daran fest und war überzeugt, dass das mein Weg ist.
Mein Freund Dirk antwortete auf diese Frage immer nur mit: „Ich bleibe hier.“ und das war alles, was er immer dazu sagte. Zuerst wussten wir nicht so genau, was er damit meinte. Wir fragten nach und bekamen immer nur die gleiche Antwort. „Ich bleibe hier.“ Mhhh. Nach einigen weiteren erfolglosen Versuchen, diese Aussage besser zu verstehen, wechselten wir oftmals das Thema und sprachen über andere Dinge. Es fühlte sich wie festgefahren an.
Nach zahllosen Abenden in unserem Stamm-Club, reichlich wilden Partys und Gesprächen, gemeinsamen Sommerurlaube, dem bestandenen Abitur und dem darauffolgenden ABI-Ball, trafen wir uns alle beim (damals noch) gesetzlich vorgeschriebenen Wehrdienst wieder. Wir waren in der gleichen Kaserne stationiert worden. Zwar in anderen Bereichen, aber wir schafften es, uns doch noch oft zu treffen. Auch wenn es nicht mehr so kontinuierlich und regelmäßig wurde wie früher zur Abiturzeit. Manchmal waren es einfach auch nur Abende in der obligatorischen Kasernen-Kneipe zum Quatschen.
Nach dem Wehrdienst verloren sich die Wege etwas und jeder von uns ging erst einmal seinen eigenen Weg. Jens und Thomas machten ihre Ausbildung, ich ging zum Studieren nach Berlin und Dirk blieb da, wo er war, im kleinen Vorort der Großstadt und versuchte dort sein Glück zu finden.
Einige Jahre später trafen wir uns über mehrere Verbindungen und Zufälle wieder. Jens war für seine Ausbildung nach Bremen gezogen und lebte dort eine Weile. Nach einigen Jahren hatte er keinen Bock mehr darauf, kündigte und schrieb sich für ein Wirtschafts-Aufbau-Studium in Berlin ein. Er rockte das Studium und hatte danach einen angemesseneren bezahlten Job in der Stadt als vorher. Er war froh darüber, diesen Schritt ins Ungewisse gewagt zu haben und konnte seinen Lebensstandard anheben. So wie er sich ausdrückte.
Thomas ging nach Trier, ans andere Ende des Landes, zog dort mit seiner Freundin zusammen und machte nach dem 2. Anlauf seinen Meister in seinem Berufsfeld. So habe ich es jedenfalls gehört.
Nur Dirk blieb in seinem kleinen Vorort und wohnte weiterhin bei seiner Mutter und ihrem Lebensgefährten. Ein paar Jahre später, am Ende seiner Ausbildung, zog er dann doch in seine eigene kleine Wohnung. Zwei Straßen weiter. Er wollte wohl per tu nicht weg. Von seiner Ausbildung im ansässigen Autohaus wurde er leider nicht übernommen. So meldete er sich nach einiger Zeit erfolgloser Stellensuche, arbeitssuchend und bezog staatliche Unterstützung. Auch Versuche, uns in der Stadt zu treffen, zu verabreden und den Abend zusammen zu verbringen, waren schwierig geworden. Es war für ihn zu viel Aufwand, sagte er daraufhin.
Manchmal machte ich dann den Schritt und wir trafen uns in unserem alten Stamm-Club in der Altstadt. Wir quatschten über die alten Zeiten und lebten unsere Erinnerungen wieder auf. Irgendwann schrieben wir uns nur noch sporadisch über WhatsApp. Diese typischen seelenlosen Erinnerungs-Nachrichten zum Geburtstag, Feiertag & Co. Das, worüber man sich zwar freut, eine Nachricht bekommen zu haben, aber am Ende man doch nur eine leere Hülle vorfindet. Eine leere Nachricht, welche nur des Anstandes wegen der alten Zeiten und des "Achso, ähhmmm, ja, ich hab an Dich gedacht" verschickt wurde. Aber im Grunde sinnlos war.
Mit der Zeit wurde die Kommunikation noch eintöniger, oberflächlicher und vorhersagbarer. Bis auch diese eines Tages versiegte.
Was mich an den Worten meines Freundes Dirk von damals so fesselte, war, dass ich immer ein inneres Gefühl der Begrenzung bekam, sobald ich seine Antwort hörte. Er antwortete immer auf die Frage „Was willst Du nach dem Abitur machen?“ mit: „Ich bleibe hier.“ Noch heute fühlen sich für mich diese Worte begrenzend, limitierend und in mir einengend an. Ein in mir gefangen setzen. Ich kann es nicht anders beschreiben. Es ist einfach jedes Mal ein ungutes Gefühl in mir.
Nach Jahren privater Weiterbildungen, zahlreichen systemischen Ausbildungen, Coachings und Erfahrungsaustausch mit Menschen, Lehrern und meinen eigenen kreativen Bauchklatschern auf dem Spielfeld des Lebens, habe ich verstanden, was mein Freund Dirk damals zum Ausdruck brachte und wieso es sich für mich so anfühlte.
Die Erklärung die ich fand
Die Macht der Worte. Sie geben unseren inneren Gedanken einen Ausdruck in der materiellen Welt. Sie fokussieren unseren inneren Blick, unsere innere Energie auf die äußere Welt. Auf genau diesen einen Punkt hin. Somit geben wir uns selbst eine Richtung, eine Ausrichtung. Alle Handlungen und Taten werden dann auf genau diesen Punkt hin ausgerichtet und arbeiten darauf zu. Egal, ob bewusst oder unbewusst. Das ist unser inneres Ziel, welches jetzt nach Außen gebraucht und hier mehr und mehr zur Realität wird. Bis wir schlussendlich wahrhaftig dort angekommen sind.
Man kann sich das vielleicht so vorstellen. Man schaut durch ein Fernglas auf nur einen bestimmten Punkt in der Ferne. Sagen wir: auf einen Leuchtturm. Alles andere drumherum wird bereits durch das Fernglas ausgeblendet und ist somit nicht mehr sichtbar. Der Leuchtturm in der Ferne wird jetzt riesengroß und wirkt deutlich detaillierter, größer, schärfer und näher bei mir, als er es in Wirklichkeit ist. So, als könnte ich ihn jetzt schon greifen, anfassen und somit fühlen, als wäre ich bereits da. Und da ich nichts anderes mehr sehen kann, außer diesem anvisierten Leuchtturm durch das Fernglas, bewege ich mich auch genau auf diesen Leuchtturm zu. Mein innerer Kompass zeigt dann auch genau in diese Richtung. Ich lenke somit als Captain meines eigenen Schiffes dieses auch genau dorthin. Egal, welche Untiefen sich auf diesem Weg ergeben mögen. Komme, was wolle. Mein Ziel ist dort. Mein anvisierter Leuchtturm. Ob es mir dann am Ziel angekommen, auch gefallen wird, das ist eine ganz andere Frage. Ich bin doch erst einmal auf dem Weg dorthin. Alles andere habe ich nicht mehr im Fokus und kann es ja auch nicht sehen.
Der Satz meines Freundes Dirk
Der Satz meines Freundes Dirk: „Ich bleibe hier.“ hinterlässt für mich in diesem Kontext und so wie er es sprachlich ausdrückte, ein Gefühl der Einengung, der Stagnation, des krampfhaften Festhaltens. Einfach weil es mir bereits die Möglichkeit raubt zu wachsen, mich auszuprobieren, neue Erfahrungen zu machen und etwas ganz Neues kennenzulernen. Und ja, es birgt auch immer das Risiko, auf die Nase zu fallen, einen Bauchklatscher zu machen, so wie ich es ausdrücke.
Rückblickend sind meine besten persönlichen Wachstums- und Entwicklungsphasen in meinem Leben am Ende immer die gewesen, wo ich mein Schiff so richtig versenkt habe. So, mit Anlauf, Pauken und Trompeten, der Letzte auf der Brücke stehend voller Stolz, Haltung, geschwellter Brust und dann ... Eine Erfahrung reicher.
Part 3
Durch diese aktuellen Überlegungen und Erkenntnisse stellte ich fest, wie wichtig es ist, die eigenen Gedanken zu hinterfragen und selbst bewusst darüber zu sein. Bewusst darüber zu sein, welche Auswirkungen, welche Macht, welche Konsequenzen und welchen Einfluss sie auf mein Leben haben können. Einer meiner Lehrer sagt dazu immer: „Glaube nicht alles, was Du denkst.“
Eine lange Zeit habe ich nicht verstanden, was er damit auszudrücken vermochte. Mit der Zeit, meinen eigenen Stolpersteinen und Erkenntnissen daraus, dem in Kontakt gehen damit, hat es auch bei mir „klick“ gemacht. Die verwendeten Worte, die Zusammensetzung dieser und der damit verwendete Wortschatz machen den entscheidenden Unterschied aus. Den Unterschied darauf, wie der Mensch seine Umgebung wahrnimmt, worauf er sich fokussiert, sich ausrichtet, mit ihr umgeht und wie es schlussfolgernd in ihm selbst aussieht. Was er denkt, was er fühlt und auf welche Art und Weise er dies tut. Schlussendlich gibt es Aufschluss darüber, wie seine eigene innere Welt aussieht. In ihm. Denn sein gesprochenes Wort ist nur ein Spiegelbild dessen. Ein Ausdruck. Eine logische Konsequenz und eine Art Gradmesser der eigenen persönlichen Entwicklung. Die verwendeten Worte und der Wortschatz öffnen verschiedene Türen oder Tore zur inneren wie äußerlichen Welt. Sie sind auch eine Eintrittskarte in die Welt, die sich einem selbst zeigt.
Sprichwort aus dem jüdischen Talmud
Bei dem Schreiben dieses Textes ist mir das nachfolgende bekannte Sprichwort untergekommen. Es ist oft von anderen Schriftstellern und Herausgeben abgekupfert, genauer gesagt abgewandelt worden. Nach meinen Recherchen stammt das Original aus dem jüdischen Talmud:
"Achte auf deine Gedanken,denn sie werden Worte."
"Achte auf deine Worte,denn sie werden Handlungen."
"Achte auf deine Handlungen,denn sie werden Gewohnheiten."
"Achte auf deine Gewohnheiten,denn sie werden dein Charakter."
"Achte auf deinen Charakter,denn er wird dein Schicksal."
Genau genommen spiegelt es sehr eindrücklich die logische Kausalkette wieder, was aus einem bloßen Gedanken sich daraufhin im Außen manifestieren kann. Es zeigt, welche Mächtigkeit und welchen großen Einfluss ein bloßer innerer Gedanke für ein jahrzehntelanges Leben des Menschen haben kann, wenn man nicht achtsam damit umgeht.
Jeder Gedanke eines Menschen hat die Macht, die Welt für ihn im Außen zu formen, zu verändern und Türen und Tore zu öffnen oder wieder zu verschließen.
Bewusstsein. Achtsamkeit. Sind hierbei Begriffe, die im Einklang mit diesem Thema: „Die Macht der Worte“ immer wieder verwendet werden. Viele Menschen in meinen Bekannten- und Arbeitskreisen verwenden diese Worte bereits wie geschnittenes Brot. Es ist heutzutage fast schon zum O-Ton geworden, diese Worte in seinem eigenen Vokabular zu integrieren und einfach mitzuverwenden. Ohne sich wirklich damit auseinanderzusetzen und die Bedeutung dahinter für sich selbst zu ergründen.
Doch genau hier liegt für mich der entscheidende Schlüssel darin. Wie bewusst, achtsam und liebevoll gehe ich mit mir, meinen Gefühlen und meinen Gedanken um? Wie kommuniziere ich mit mir selbst? Wie rede ich mit mir selbst? Und was tue ich damit?
Ein liebevoller und milder Umgang mit mir, ganz privat im Stillen, ist für mich ein Schlüssel für ein erfolgreiches und erfüllendes Leben. Es öffnet die Türen und Tore der Welt.
Abschluss
Willst Du mehr über dieses Thema erfahren und wissen, wie auch Du dies in Dein Leben integrieren kannst? Dann komme in mein Coaching!